Adrenalin, Glücksschreie und ein kleines bisschen Todesangst

Noch 50 cm weiter und dann geht’s 125 m im steilen Fall runter. Dieser Fact war uns absolut bekannt und genau das lockte uns auch, einmal im Leben im Devil’s Pool bei den Victoria Fällen zu planschen. Hätten wir allerdings gewusst, wie wir zu diesem Pool kommen, hätten wir uns das ganze sicher nochmals genauer überlegt…

Das Ausflugsangebot rund um den Zambezi Fluss mit den weltbekannten Victoria Fällen ist vielfältig, ob aus der Luft, im Schiff oder zu Fuss, der gewaltige Wasserfall kann aus fast allen Perspektiven fotografiert werden.

Doch wir entscheiden uns nach Ankunft in Livingstone/Zambia spontan, die höchsten Fälle der Welt nicht nur von der Gegenseite zu bestaunen, sondern direkt im Zambezi River zu baden. Und nicht irgendwo am ruhigen Ufer sondern natürlich direkt am Rande des tosenden Wasserfalls umgeben von weisser Gischt und mit direktem Blick auf den Regenbogen.

Mit Badeutensilien und nicht wasserdichten Kameras im Gepäck werden wir zum Livingston Royal Hotel gebracht, wo die Tour jeweils startet. Beobachtet von den Gästen, welche die Ruhe im ehrwürdigen und prächtigen im Kolonialstil gebauten Hotel geniessen, laufen wir mit Turnschuhen ganz aufgeregt quer über den englischen Rasen an die Bootsanlegestelle. Dort dürfen wir ein Informationsblatt mit vielen kleingeschriebenen Gefahren, Risiken und Haftungausschliessungen unterschreiben und kurz darauf springen wir ins Boot, welches uns zur im Zambezi River liegenden kleinen Livingstone Island fährt. Schwimmwesten sind Pflicht, diese dürfen nicht nur locker übergeworfen sondern müssen festgezurrt werden, denn schliesslich fahren wir  Richtung Wasserfall.

Letzte Festhaltemöglichkeit

Livingstone Island ist der Ausgangspunkt für den Devil’s Pool, wir steigen aus und nach einem kurzen Spaziergang über Sand und Steine trennt uns nur noch der Fluss vom Bad unseres Lebens. Doch wo ist das Boot, welches uns rüber fährt? Jetzt werden wir von unserem Guide Jamie aufgefordert, die Kleider auf den Steinen zu deponieren und kurz darauf stehen wir ziemlich ratlos in unseren Badesachen und mit Kamera in den Händen da. Wie geht’s jetzt weiter? Doch schon gibt uns Jamie klare Infos, die zumindest mich kurz innerlich zucken lassen…. Zuerst der Entscheid, dass von 8 Kameras nur 4 weiter mitgenommen werden können. Iphone, Nikon und Lumix machen das Rennen und werden in einen wasserfesten Seesack verpackt.

Dann werden uns die zwei zusätzlichen Begleiter vorgestellt, welche für die Foto-Shootings und unsere Sicherheit verantwortlich sind. Jetzt zeigt Jamie auf das Seil, welches parallel zum Wasserfall im Fluss gespannt wurde, dies dient im Notfall als letzte Festhaltemöglichkeit, denn 20m weiter geht’s endgültig runter. Langsam aber sicher ahnt uns, was uns bevorsteht… Mit mehreren in den Fluss geworfenen Steinchen markiert Jamie die Stellen im Wasser zu denen wir in Einerkolonne schwimmen müssen um auf die nächsten flachen aus dem Wasser ragenden Steinen zu kommen. Herrje, jetzt ist es also soweit, aber niemand getraut sich einen Rückzieher und todesmutig steigen wir rund 50m vom höchsten Wasserfall der Erde in den angenehm warmen Zambezi Fluss und schwimmen gegen die Strömung zu jeder markierten seichten Stelle im Wasser um dort mit ungläuben  Gesichtern Richtung Abgrund zu schauen. Jamie und seine beiden Kollegen hüpfen, laufen und schwimmen locker und leichtfüssig hin und her, die Augen überall und wehe wir weichen auch nur 1cm vom vorgegebenen Weg ab, dann werden wir sofort zurückgepfiffen.

Am Rande des Abgrunds

Und dann stehen wir vor dem Devils Pool direkt am steilabfallenden Wasser, ein einmaliger Augenblick, der sich jedoch 10min später sogar noch übertreffen lässt. Die Mutigen springen in den Pool, die weniger Mutigen rutschen rein und gemeinsam geniessen wir das Bad in diesem natürlichen Becken in der Grösse eines Privat-Whirlpools, welches teuflisch nahe am Abgrund liegt. Mit dem Wissen, dass es Fische im Wasser hat, welche an den Füssen knabbern könnten und dass wir dann auf keinen Fall die Beine anheben dürfen um nicht das Gleichgewicht im Wasser zu verlagern um im wahrsten Sinn des Wortes als „toter Mann“ in die Tiefe zu stürzen.

Es trennen uns 50cm natürliche Felsabschrankung, welche auf Wasserhöhe ist und einen atemberaubenden Blick auf die herab stürzenden Wassermassen ermöglicht. Doch das ist noch nicht das ultimative Highlight, denn jetzt lässt uns Jamie nacheinander einzeln auf diesen Beckenrand bäuchlings liegen, mit den Händen ziehen wir uns zur Kante des Wasserfalles, heben die Arme hoch und schauen die 125m runter. Kein ungläubiges Verstummen sondern lautes Glücksgeschrei erfüllt die Luft, denn wir werden ja hinten an den Knöcheln vom Guide mit ganzem Körpereinsatz festgehalten, damit wir nicht mit ausgebreiteten Armen den Wasserfall runtersegeln.
Leider ist der Aufenthalt zeitlich limitiert und wir machen uns schon bald wieder schwimmend und laufend auf denselben Rückweg, wo wir mit einem duftenden späten Frühstück und grossen Badetüchern empfangen werden. Unzählige Fotos und Videos welche mit den 4 Kameras geschossen und gedreht wurden, lösen gleichzeitig Erschrecken und Verzückung aus, haben wir tatsächlich gerade eben lachend im gefährlichsten Pool der Welt geplanscht?

Auf unsere Frage, ob er mit seinen Kindern auch ab und zu im Devil’s Pool baden geht, antwortet unser Guide mit einem überzeugten NEVER! Gut haben wir das nicht im voraus gewusst…